Schwarzer Hase - 2/3/2016 um 19:43
Bereits seit Jahren beobachte ich das Phänomen, dass Mensch alle möglichen
Sachen wollen MUSS bzw. MÜSSTE. Das fängt bei Kleinkram an und hört bei
Anordnungen über die Ausgestaltung des Lebens wieder auf. Ich frage mich
ernsthaft: Möchte man wirklich individuelle Menschen oder würde man nicht
viel lieber einen Standand-Menschen haben?
Gerade in den letzten Wochen habe ich wieder ganz viele dieser DU MUSST-
bzw. DU SOLLTEST-Botschaften gehört. Auch wenn nur wenig davon mich selbst
betraf, hier mal sinnhaft einige Äußerungen mit meinen eigenen Gedanken
dazu.
"Du MUSST dir einen Job suchen, du kannst doch nicht ewig zu Hause
bleiben!"
Muss man das? Wir leben gesegneter Weise im reichen Europa - hier kann man
auch ohne Job zumindest in Deutschland gut über die Runden kommen. Wenn
jemand nicht arbeiten möchte, wer gibt einem denn das Recht, ihn mit
sozialer Verachtung dazu zu zwingen? Es ist seine eigene Entscheidung und
wenn er nicht arbeiten möchte, dann kann er es bleiben lassen. Er ist ja
schließlich ein selbstbestimmter Mensch.
Hat das Arbeitsamt das Recht, ihn zu einer Arbeit zu zwingen? Laut Gesetz
im Regelfall ja, tatsächlich aber nicht. Eigentlich müssten die Mitarbeiter
der Arbeitsagenturen selbst jeden Abend vor ihrem Bett ein Gebet an den
lieben Gott schicken, er möge ihnen die Arbeitslosen doch noch lange
erhalten. Ohne sie wären die Mitarbeiter schließlich selbst arbeitslos,
zumal etliche ohnehin nur befristet eingestellt sind.
"Man MUSS unbedingt abnehmen, wenn man wie er 20 oder 30 Kilo Übergewicht
hat."
Warum muss man das? Wenn man sich damit wohl fühlt, kann man auch 50 Kilo
Übergewicht und noch mehr haben! Muss man abnehmen, weil Studien die ganzen
gesundheitlichen Risiken von Übergewicht herausgefunden haben? Zu jeder
Studie gibt es eine Gegenstudie. Weil der Arzt sagt, Übergewicht ist
ungesund? Die meisten Ärzte sind nicht gerade die hellsten Kerzen auf der
Torte und plappern auch nur nach, was sie beim Prof gelernt oder in einem
Fachbuch gelesen haben. Weil man schwerer einen Partner findet? Kann ja
wohl auch nicht sein bei der stätig steigenden Zahl an Übergewichtigen.
"Eine Frau MUSS viel Wert auf ihr Äußeres legen und immer gut gestylt
sein."
Ach ja, tatsächlich. Und wofür muss sich Frau stundenlang schminken,
rasieren, epilieren, die Haare machen, ... Damit sie selbstsicher auf die
Straße gehen kann? Mein Beileid an alle Damen, die so wenig
Selbstbewusstsein haben. Damit sie bessere Chancen hat, einen Partner
kennen zu lernen? Wenn Mann eh bloß auf die Fassade guckt, wäre Frau wohl
besser beraten sich einen anderen Typen zu suchen. Und außerdem:
Schätzungsweise die Hälfte aller Singlemänner sehen aus wie aus der
Mülltonne gekrochen, müffeln schon auf fünf Meter Entfernung nach Schweiß
oder Dönerbude oder haben einen Mundgeruch, bei dem Frau oft nur vermuten
kann in welchem Monat er sich zuletzt die Zähne geputzt hat.
Ein Kumpel neulich zum ca. fünfzigsten Mal zu mir: "Du MUSST jetzt
Immobilien kaufen."
Warum muss ich mir eine (oder gar noch mehrere) Immobilien zulegen? Damit
ich selbst drin lohnen kann und später keine Miete mehr bezahlen muss?
Schöner Gedanke, aber wenn sich bei den aktuellen Immobilienpreisen nach 50
Jahren noch immer der Kauf nicht amortisiert hat, kann ich mir das wohl
sparen. Weil die Bauzinsen momentan so günstig sind? Ja und wer sagt mir,
dass sie nicht noch günstiger werden? Das erscheint ja bei der momentanen
allgemeinen Finanzmarktlage schon fast wahrscheinlich. Soll ich eine
Immobilie kaufen, um sie vermieten zu können und später ein Zubrot zur
Rente zu haben? Toller Gedanke, nur vergessen alle irgendwie die laufenden
Kosten, Reparatur- und Instandhaltungskosten sowie das unwesentliche
Detail, dass Mieteinnahmen brutto zu versteuern sind.
Meine Bankberaterin zu mir:"Sie MÜSSEN unbedingt eine private
Altersvorsorge abschließen!"
Warum zum Geier sollte ich das bitte tun? Weil meine gesetzliche Rente mini
sein wird? Wenn ich auf meinen Lohnschein gucke, zahle ich jeden Monat ein
Schweinegeld in die gesetzliche Rentenversicherung ein - da kann ich ja
wohl erwarten, dass Vater Staat mich im Alter auch entsprechend
unterstützt, notfalls auch mit Sozialhilfe. Soll ich etwa eine private RV
abschließen, damit ich im Alter nicht ergänzend Sozialhilfe beantragen
muss? Was stört es mich, wenn ich zum Sozialamt gehe und mir dort was hole?
Immer noch besser als eine zweite Rente zu finanzieren, bei der ich noch
nicht mal weiß, ob ich das Rentenalter überhaupt erreiche (was bis dahin
sicher bei 75 liegt), oder ob das Versicherungsunternehmen in 45 Jahren
überhaupt noch existiert.
Auch hier im Forum ist der DU MUSST- bzw. DU SOLLTEST-Gedanke in fast jedem
Thread in Form von meist überzogenen Ratschlägen anzutreffen.
"Du SOLLTEST dich auf deine eigene Mitte konzentrieren und nach der
Spiritualität in dir suchen."
Und wofür bitte? In meiner Mitte sitzt mein Bauchnabel (der ist übrigens
schon seit Geburt da) und was soll ich mit Spiritualität? Damit ist
feststelle, wie dämlich die anderen Menschen sind? Oh ja, damit emfinde ich
sicher mein Ego als aufgewertet. Damit ich mir den Zugang zur Erleuchtung
erschließe? Da kann ich mir ja lieber ne Hütte im Wald zulegen und
Einsiedler werden (für sowas gibt es übrigens auch wirklich preisgünstige
Immoblienangebote und ist ganz im Sinne einer privaten Altersvorsorge).
Wofür brauche ich überhaupt Erleuchtung? Ich habe kein Interesse daran
andere Leute über das Wesen des Seins voll zu quatschen und für Magie muss
ich nicht wissen, wie sie funktioniert - sie tut das auch von ganz allein.
(Die Magie ist nämlich schon groß. 
)
"Schwarze Magie ist nicht das richtige Mittel, du SOLLTEST auf der hellen
Seite bleiben."
Ja ne, is klar. Höre ich da Angst vor dem eigenen Abgrund? Was soll denn an
der dunklen Seite der Macht so schlecht sein? Etwa dass sie die Seele
zerfrisst? Alles was ich tue und womit ich mich beschäftige wirkt auch
indirekt auf meinen Geist und meine Seele ein. Es kommt immer zu einer
Verblendung, zur Illusion ich könnte meine eigenen Gedanken frei lenken
("ich werde zu dem womit ich mich beschäftige") und der Verschleiß des
Geistes sorgt am Ende dafür, dass sowohl weiße als auch schwarze als auch
gar keine Magie, sondern ganz einfach das Leben an sich, meine Seele
zersetzt.
Soll man keine schwarze Magie benutzen, weil die Nutzung aus eher negativ
besetzten Gefühlen wie Hass, Wut oder Rachedurst erfolgt? Hass ist
gemeinsam mit Liebe der Motor der Welt, ihnen verdanken wir den Großteil
unseres heutigen Wohlstandes, und im Grunde genommen sind beide dasselbe
Gefühl, nur mit einer anderen Ausrichtung. Wut ist die Würze jeder
zwischenmenschlichen Beziehung (wer nie auf jemanden wütend wird, dem
bedeutet der Andere offenbar nichts oder er hat bei seiner Suche nach
Erleuchtung sich selbst verloren) und Rachelust fußt auf nichts anderem als
dem simplen Wunsch nach Gerechtigkeit.
Unsere Gesellschaft neigt sehr dazu, dass alle Taten emotional anerkannt
sein wollen und als "gut" bewertet werden. Aber warum eigentlich? Das Karma
funktioniert nach dem Harry Potter-Prinzip - 10 Punkte für Gryffindor! -
und wenn das Stundenglas leer ist ist es leer. Ethik ist eine schöne
Illusion (ebenso wie der Glaube weiße Magie wirke wunderbar positiv auf
einen selbst) und Moral ist der Schutzschild der Ahnungslosen. Sicherlich
sollte man alle Taten vor sich selbst verantworten können, aber damit
reicht's dann auch!
Das Ganze lässt sich jetzt mit hunderttausend weiteren DU MUSST- bzw. DU
SOLLTEST-Botschaften weiter verfolgen. Worauf ich hinaus will: Ich glaube
unsere Gesellschaft ist nicht darauf ausgelegt, Andersdenken oder
Anderssein wirklich akzeptieren zu können. Wir propagieren zwar Solches,
holen uns in Deutschland Millionen Asylbewerber ins Land um unsere Toleranz
zu zeigen, schütten Millionen Euros an Steuergeldern für die
unterschiedlichsten Sozialprogramme aus, aber im Endeffekt will die
Durchschnittsbevölkerung kein Individuum sein. Anderssein wird mit
Ablehnung bestraft und Ausgrenzung geächtet. Andersdenken ist zu
anstrengend, verbraucht Kalorien und wird im Übrigen als äußerst gefährlich
empfunden. Es geistert die Illusion des perfekten bzw. des perfekt
angepassten Menschen durch die Köpfe.
Wie also SOLL bzw. MUSS Mensch heutzutage sein?
- Mensch muss aussehen wie ein Unterwäschemodel, aber fressen wie ein
Schwein (schließlich muss die Lebensmittelindustrie auch existieren)
- Mensch muss einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen, Kinder großziehen,
sich gesund ernähren, regelmäßig Sport treiben, sich weiterbilden,
ehrenamtliches Engagement zeigen, für Entspannungsphasen sorgen, ein Haus
bauen, das Grundstück bewirtschaften, sich und die Familie finanziell
absichern und zwischendurch noch 7 - 8 Stunden am Tag zusammenhängend
schlafen
- Mensch muss sich im Rahmen der sozial anerkannten Regeln und Normen
bewegen, soll immer Up-to-date sein, positiv im Umgang mit Mitmenschen
sein, sich immer am Guten und Gerechten orientieren, aber auch immer seine
wahren Gefühle zeigen, nichts verdrängen und absolut authentisch sein
(sonst geht's irgendwann mal zum Psychoklempner)
Und bei alledem frage ich mich: Ist das euer Ernst? Was hat denn das noch
mit einem individuellen Lebenwesen zu tun?
Deshalb mein Apell an alle: Leute, macht euch endlich von euren Vorurteilen
und wahnhaften Wunschvorstellungen frei!
Niemand ist perfekt (nicht einmal Götter) und deshalb sollte auch niemand
versuchen, andere zu verbessern oder selbst perfekt zu sein. Ihr seid alle
Menschen, mit allen zugehörigen Gefühlen, mit euren persönlichen Problemen
und euren eigenen Ansichten. Es gibt keine absolute Erleuchtung und wenn
ja, dann ist das sicher nichts, was Mensch gerne hätte. Also lebt euer
Leben so, wie es euch gefällt. Mag sein dass es weitere Leben nach diesem
gibt - mit sicherer Gewissheit könnt ihr jedoch nur sagen, dass ihr dieses
Leben habt. Also steht zu euch selbst, zu euren Stärken und Schwächen, zu
eurem Menschsein und lasst auch allen Anderen dieses Recht.
Hau, der Hase hat gesprochen 
GeorgeTheMerlin - 3/3/2016 um 00:08
Hallo Schwartzer Hase, erstmal kurz:
wider den gesellschaftliches SELBSTOPTIMIERUNGWAHN gibt es ja bereits einen
Bestseller: ICH BLEIB SO SCHEI--ssE, WIE ICH BIN.
http://www.amazon.de/Ich-bleib-schei%C3%9Fe-wie-ich/dp/3492
300561/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1456958991&sr=8-1&keywords=ich+bleibe+so+sche
i%C3%9Fe+wie+ich+bin
Gelesen habe ich das Buch nicht - mir reicht bereits die Kontfmplation auf
den Titel!
_________________________________________________________
Natürlich sind das wieder zwei Extreme - die als Extreme falsch sind.
Zum einen gibt es diesen, auch gesellschaftlich forcierten ZWANG zur
Anpassung und Selbstoptimierung. Wie du das beschrieben hast.
Dann gibt es Leute, die sich zwanghaft nicht verändern wollen, zum
Leidwesen oder auf Kosten von anderen.
Wo ein Zwang ist, wird es falsch. Ein Zwang bringt einen vom eigenen Weg
ab. Und: man SPÜRT sich so immer weniger!
Ich finde da ein liebevolles SPÜREN wichtig: wo ist mein Weg. Was ist meine
Message - wo will die Seele hin. Wo blockiere ich mich - und meine
Beziehungen.
Es gibt auch einen Weg der Mitte.
Einen gesunden Ehrgeiz finde ich richtig - aber nur, wenn er mich zu mir
selber führt!
"Ich bleibe so ... " ist mal ein INNEHALTEN - und dann kann man sich die
Frage stellen: Was will ich wirklich? Was ist mir noch wichtiger? Wo will
ich hin?
Was ÖFFNET mich mir selber - anderen gegenüber?
grüssli merlYnn
Hephaestos - 3/3/2016 um 09:17
Zitat: | Zum einen gibt es
diesen, auch gesellschaftlich forcierten ZWANG zur Anpassung und
Selbstoptimierung. Wie du das beschrieben
hast. |
Ihr redet da immer von "Zwang" und "Müssen", als gäbe es keinen Willen.
Und von Selbstoptimierung, als wäre das was schlechtes.
Aber will sich nicht jeder Mensch entwickeln, besser werden, mehr können,
mehr lernen....?
GeorgeTheMerlin - 5/3/2016 um 02:09
Genau - die Frage ist: wie kommt man vom Zwang zum Willen 
der Antichrist - 6/3/2016 um 12:33
Lieber Hase stell dir vor alle Denken wie du und keiner geht mehr
Arbeiten,wo kommt das Geld denn her ,was dir als Arbeitsloser hinterher
geschmissen wird? Ist ja auch völlig egal da ja keiner mehr Arbeitet, wird
es in deinen Lebensmittelgeschäften ganz schnell Mau aussehen.Kein Strom
,keine Klospülung kein Internet ach ja und die Kerzenbrange hat ja auch
ihren Job eingestellt ,also nicht mal Licht,kein Bauarbeiter mehr der dir
deine Wohnung baut oder irgendwas repariert,womit auch? es werden ja keine
Ersatzteile mehr hergestellt.Wird bestimmt ne tolle Zeit,ich freu mich
schon drauf.Drumm macht alle mit Hurra!!!!!
Serafia_Serafin - 6/3/2016 um 13:16
Hm... wäre jetzt die Frage, woher dieses "DU MUSST" kommt...
In manchen Fällen (du musst arbeiten), ist es die Gesellschaft, die dich
als funktionierendes Individuum braucht. So gut wie alle hassen dieses DU
MUSST ARBEITEN. Wenn sich dann einer hinstellt und einfach sagt: "Nö, mach
ich nicht.", trifft ihn der kollektive Jähzorn derer, die sich dem Zwang
mit Inbrunst unterworfen haben. Denn es ist ihre Qual, die ihn miternährt -
und dann bleibt der fade Beigeschmack, dass einem etwas von dem, was man
eigentlich für sich anhäufen will, weggenommen wird. Dass das in der Tat
nicht so ist (denn wir alle Zahlen die Beiträge für das Arbeitslosengeld,
ob wir selbst im Leben Arbeitslos werden oder nicht - das Geld ist also
tatsächlich weg, egal ob RTL Star Rüdi hartzt oder nicht ) ist für das
Gefühl erst einmal nebensächlich.
Ich finde die Aufforderung, sich von den Erwartungen zu lösen, nicht ganz
verkehrt. Es ist der erste Schritt in einem Prozess, in dem man zu sich
selbst findet. Wenn man lernt, was einen eigentlich steuert, woher das
kommt, und welche Motivation dahinter steckt, schafft man es vielleicht
auch, seine tatsächlichen Bedürfnisse zu erkennen.
Dann wird ein "Ich will schön sein" zu einem "ich will mich selbst lieben
können". Und schon geht es nicht mehr um Fitnessstudios und teure
Cremes.
Eventuell wird ein "Ich will attraktiv sein" auch zu einem "ich will viel
Sex"... ist dann die Frage, ob eine interessante Persönlichkeit mehr
Chancen hat, oder ein Waschbrettbauch. Angeblich haben Dicke Menschen
genauso viel Sex wie dünne Menschen.
Noch interessanter ist es, vom müssen zum Wollen überzusiedeln: Dann geht
es plötzlich vielleicht nicht mehr darum, nur auf der faulen Haut zu liegen
und fern zu sehen, wie das Klischee vom Arbeitslosen so gern verbreitet;
sondern zu einem Weg zu kommen, eigene Herzensangelegenheiten zu
verwirklichen (ein Buch schreiben, eine Erfindung verwirklichen, irgendeine
Verbesserung zu etablieren, eine Band gründen, ein Instrument lernen, einen
Laden aufmachen... was auch immer.)
Ich glaube, dass 99% der Menschen ein hohes Interesse daran haben, sich
selbst zu verwirklichen - vor allem durch Arbeit. Leider ist unser System
nicht gerade auf Selbstverwirklichung ausgelegt, sondern darauf, dass eine
Horde Menschen möglichst konform funktioniert. Nebenbei lügt man sich noch
sehr angenehm in die Tasche, indem man sagt, dass Glück durch konforme
Arbeit erreichbar ist. Ergebnis ist eine kleine Schicht von Kämpfern, die
tatsächlich etwas bewegt und eine große Masse (90%), die in einem System
gefangen ist, dass sie hasst, weil sie glaubt, man MÜSSE arbeiten. (Ja, ich
muss arbeiten. Weil ich in Lebensumständen bin, die nicht erlauben, dass
ich von Hartz 4 lebe. Und ich hasse es noch mehr, dem Jobcenter unterworfen
zu sein, als zu arbeiten.)
Alles und Nichts - 6/3/2016 um 14:42
Ich MUSS die Sozialabgaben für die faulen Arbeitslosen, die sich einfach
nur die Eier schaukeln wollen, finanzieren. Von meiner Arbeit. Ich will das
nicht.
Auf der Ebene, auf der Du argumentierst, ist das die Andere Seite.
Stell Dir mal vor, es etabliert sich eine politische Kraft, die die faulen
Arbeitslosen als Sündenböcke auserkoren hat und das System, weil es immer
mehr in Schieflage gerät, abschaffen will. Es gerät immer mehr in
Schieflage, weil die Zahl an asozialen Typen zunimmt.
Verlassen wir diese äußere oberflächliche Ebene. Wenn ich Deine Zeilen
lese, sehe ich einfach ein verwöhntes, verantwortungsloses Kind, dass sich
als Opfer fühlt. Das ist die andere Seite von "Du MUSST". Mein "Ich will
das nicht" (siehe oben) ist ebenfalls kindlich.
Meine Meinung ist, dass niemand nichts MUSS. Nur soll sich niemand dann
über die Konsequenzen seines Verhaltens beschweren. Weil für das gejammere,
was dann folgt, habe ich wenig Verständnis, weil es wurde ja nicht anders
gewollt. Jedes Deiner Bsp. führt mit hoher Wahrscheinlichkeit in äußere/
innere Räume die viele Menschen nicht haben wollen. Dann hat sich die
Opferhaltung schon so zementiert, dass sie daraus ohne Hilfe nicht mehr
raus kommen.
Wenn wir noch tiefer nach innen gehen, stellt sich die Frage, wie komme ich
aus dem Hamsterrad von "Muss und ich will nicht" heraus. Hier beginnt
Verantwortungsübernahme und Selbstfürsorge. Da sprechen wir noch gar nicht
von innerer Arbeit und Erleuchtung.
Wie gesagt, niemand MUSS! Dann sollen die Niemands auch die neg.
Konsequenzen tragen, ohne andere damit vollzujammern, wie scheiße das Leben
ist (die Frauen/ Männer, die mich nicht wollen; der nervige Berater vom
Arbeitsamt/ Jobcenter, der böse Staat, der nur noch eine Minirente zahlt
oder den ALG II Satz so gering hält etc.).
[Editiert am 6/3/2016 um 15:03 von Alles und Nichts]
Schwarzer Hase - 6/3/2016 um 20:19
...
[Editiert am 7/3/2016 um 00:12 von Serafia_Serafin]
Serafia_Serafin - 7/3/2016 um 00:16
Schwarzer Hase, ich schulde dir... ich weiß nicht... such dir was aus...
ich dachte, ich hätte auf die Zitatfunktion geklickt und habe das editieren
erwischt, ohne es zu merken. Deswegen habe ich mich auch nicht über den
vielen Text gewundert, der in meiner Antwort war. ES TUT MIR ABSOLUT LEID;
DASS ICH DEINEN TEXT AUS VERSEHEN ABGESCHOSSEN HABE!
Mein Gott, ich glaube, ich bin die erste Admin, der sowas passiert. -_-
Gnarf! Es ist mir echt peinlich und, kurz gesagt: Das war wirklich nicht
meine Absicht!
Ich fasse die Stichworte noch einmal (leider nur dürftig) zusammen:
- Das Thema mit der Arbeitslosigkeit war bewusst gewählt, weil sich gerade
hier die Gemüter hochkochen.
- Im Schritt vom Müssen zum Wollen liegt der eigentliche Schlüssel.
- Die meisten Menschen sind daran interessiert, sich selbst zu
verwirklichen und sinnvoll zu arbeiten; aus eigenem Erleben (Arbeit mit
Arbeitslosen) kennt Schwarzer Hase Menschen, die von Arbeitslosigkeit
betroffen sind und weiß, dass nur etwa 5% von ihnen wirklich daran
interessiert sind, auf der faulen Haut zu liegen.
- Das innere Kind zu leben, beinhaltet kindisch zu sein.
Sarija_ - 7/3/2016 um 08:10
Zitat von Serafia_Serafin, am 7/3/2016 um
00:16 | - Die meisten Menschen sind daran
interessiert, sich selbst zu verwirklichen und sinnvoll zu arbeiten; aus
eigenem Erleben (Arbeit mit Arbeitslosen) kennt Schwarzer Hase Menschen,
die von Arbeitslosigkeit betroffen sind und weiß, dass nur etwa 5% von
ihnen wirklich daran interessiert sind, auf der faulen Haut zu
liegen. |
Na, es gibt aber ja nunmal auch
Berufsschnorrer.
Ob einige Leute täglich um 5 Uhr aufstehen wollen, um dann von halb 8 bis
nach 16 Uhr in einem stressigen Beruf zu arbeiten, und nach 17 Uhr nach
Hause zu kommen, weil die Miete in der Stadt, in der man arbeitet, nicht zu
bezahlen wäre?
Hm, wahrscheinlich nicht, ne?
Das Problem ist aber eigentlich dann auch wieder eins der empfundenen
Gerechtigkeit. De facto muss in Deutschland nicht jeder arbeiten, um
genügend Güter zu produzieren, um den Bedarf (für alle) zu decken. Im
Gegenteil zeigen einige Teile der Arbeitslosenzahlen und der ABMs, die
gegenüber Arbeitslosen anzuwenden und anwendbar sind, dass die Vorstellung,
jede Arbeitskraft werde gebraucht, schlichtweg nicht stimmt.
Da ziemlich viele Jobs allerdings mit Unannehmlichkeiten verbunden sind,
ist es niemandem, der arbeitet, zu verdenken, wenn er/sie meint, Leute, die
diese Unannehmlichkeiten nicht in Kauf nehmen, sollten eben auch die
resultierenden Annehmlichkeiten des "Schmerzensgeldes" nicht genießen
dürfen.
Einzahlungen in die Arbeitslosenkasse verschwinden, wenn man mal knapp mehr
als 12 Monate nicht einzahlt. Was btw ziemlich schnell passieren kann, wenn
man an der Uni arbeitet, wo die Finanzierungsform des Stipendiums
tatsächlich eine ist, die noch als gängig betrachtet werden kann, wenn man
die Ausbildung inklusive Doktor bereits beendet hat. Da ist das Geld dann
tatsächlich einfach "weg".
Und generell zum Thema .. eine Menge der "Müssen"s, die da oben stehen,
sehe ich nicht als solche. Man "muss" nichtmal auf Alkohol verzichten, wenn
man andere Drogen konsumiert. In einigen Fällen braucht man sich halt bloß
nicht wundern, wenn man in der Intensivstation aufwacht, oder auch gar
nicht mehr (womit sich das Wundern an dieser Stelle erledigt hätte). Ob man
deswegen irgendetwas "muss", kann aber jeder selbst entscheiden.
Es ist nicht gerade klug, gewisse Dinge zu tun, und einige ziehen
Konsequenzen nach sich. Wer die Konsequenzen vermeiden will - und das
können auch soziale Konsequenzen sein, dass muss nicht immer nur die eigene
Person betreffen! - sollte die Ursachen vermeiden. Nichtmal atmen, trinken
und essen "muss" man. Man "muss" bloß mit den Folgen klarkommen, wenn man
sich aktiv oder passiv darum bemüht, solche Dinge zu unterlassen.
Soziale Zwänge haben großenteils einfach etwas mit einem mehr oder weniger
günstig gewählten sozialen Umfeld zu tun. Wenn man etwas deutlich ändern
möchte, könnte man versuchen, an dem Punkt anzufangen. Wenn man dazu nicht
bereit ist, war der Zwang vermutlich nicht unangenehm genug.
[Editiert am 7/3/2016 um 08:11 von Sarija_]
Hephaestos - 7/3/2016 um 11:15
> Zitat: | Mein Gott, ich glaube,
ich bin die erste Admin, der sowas passiert. |
Mir ist das mal bei meinem eigenen Beitrag passiert, das hat keiner
gemerkt.
Schwarzer Hase - 7/3/2016 um 12:32
Wie schön für dich, Hep  Ich hab gestern über ne Stunde
gesessen, um meinen Beitrag zu schreiben... na egal. Ich weiß ja, dass es
nicht mit Absicht war. Ist also alles okay, Serafia
So, dann schaue ich mal, was ich noch zusammen kriege... und ergänze ggf.
noch was. (Aber bitte nicht nochmal löschen! 
Nochmal schreib ich's nicht.)
Das Statement zum Nicht-arbeiten-gehen-wollen habe ich bewusst gewählt,
weil ich den von Serafia beschriebenen Jähzorn heraufbeschwören wollte.
Eigentlich beobachte ich diesen Jähzorn (oder zumindest Unverständnis und
Verachtung) bei jeder bewussten Abweichung von der vorgegeben Norm, aber
gerade bei dem Thema handelt es sich um eine von der Gesellschaft als ganz
und gar inakzeptabel klassifizierte Denkweise.
Genauso wie Serafia bereits schrieb, ist der überwiegende Teil der
arbeitenden Bevölkerung mit der eigenen Arbeitssituation unzufrieden. Aus
ihrer eigenen Unzufriedenheit oder Resignation heraus erwarten sie, dass
auch alle Anderen die Pobacken zusammen kneifen und selbst arbeiten gehen.
Oder anders gesagt: "Wenn ich mit meinem Arbeitsleben unzufrieden bin,
brauchst du mit deinem auch nicht zufrieden zu sein."
Der richtige Weg wäre sich selbst zu fragen, was man denn gerne an der
derzeitigen Arbeitssituation ändern möchte und dann dieses Vorhaben in die
Tat umzusetzen. So komme ich in diesem Lebensbereich von einem ICH MUSS DA
ARBEITEN zu einem ICH MÖCHTE DIESE ARBEIT GERNE MACHEN.
Das dabei nicht immer nur alles eitel Sonnenschein ist und man ggf. auch
etwas verliert, ist ganz natürlich, da es sich um einen Lebenswandel
handelt. Konsequenzen, positiver wie negativer Art, gehören zu jeder
Entscheidung dazu. Ich verdiene z. B. bei meiner jetzigen Stelle rund 800 €
weniger im Monat als zuvor - dafür liebe ich meine Arbeit. Ich kann es am
Sonntag schon kaum noch erwarten, dass es endlich wieder Montag wird.
Wieviele Leute können das schon von sich behaupten? Und wenn es mir
irgendwann nicht mehr gefällt, werde ich mir innerhalb von ein paar Wochen
einen neuen Job suchen.
Um noch mal kurz auf die "faulen Arbeitslosen" einzugehen: Ich war selbst
über mehrere Jahre als Arbeitsvermittler für ein Jobcenter tätig. Die
wenigsten Arbeitslosen sind tatsächlich - wie oft als solche dargestellt -
faule Geschöpfe. Viele engagieren sich ehrenamtlich, pflegen Angehörige
oder tun Dinge wie von Serafia genannt. Ich würde mal schätzen, dass
vielleicht 5 % der Arbeitslosen tatsächlich zur "Ich will generell nicht
arbeiten gehen"-Fraktion gehören. Die Meisten würden durchaus gerne, nur
fehlt ihnen oft eine Perspektive und die dafür notwendige Ausbildung sowie
das Vertrauen in sich selbst zu diesem Schritt bzw. Wandel. Ich halte daher
die Befürchtung, alles würde vor die Hunde gehen wenn der staatliche Zwang
zur Arbeit nicht mehr existieren würde, für unbegründet.
Überhaupt ist Selbstvertrauen das Stichwort. Definiere ich meine eigenen
Wünsche und handle danach, bin auf dem Weg zu mir selbst. Was bringt es
mir, wenn ich zwar Weisheit und theoretische Erleuchtung erlangt habe, aber
mit meinem tatsächlichen Leben unzufrieden bin, weil nie den Mut zu einer
Veränderung hatte? Natürlich sollte alles in meinen Lebensrahmen passen:
Wenn ich eine Familie ernähren muss, aber gerne spontan nach Australien
auswandern würde, sollte ich da schon die Konsequenzen sehr genau abwägen.
Wenn ich neben der Verfolgung meiner eigenen Ziele auch noch zu meinen
eigenen Wünschen und Überzeugungen stehe, dann bin ich authentisch. So
komme ich vom MÜSSEN (oder den Anforderungen und Wünschen der Gesellschaft
und anderer Personen) hin zum WOLLEN (zur Erfüllung meiner eigenen Wünsche
und Vorstellungen). Genau das ist der Lebensstil, zu dem ich gerne anregen
möchte.
Warum werden also von der Norm abweichende Denkweisen und Wünsche als so
inakzeptabel erlebt? Nun alles, was anders ist, wird gerne als potenziell
gefährlich betrachtet. Jemand, der sich selbst gut findet und keinen
Verbesserungsbedarf an der eigenen Person sieht, sagt damit dem allgemeinen
Verbesserungswahn und damit den Idealvorstellungen der Gesellschaft den
Kampf an. Oder anders gesagt, stellt er damit die Richtigkeit der Wünsche
der gesamten Gesellschaft in Frage.
Ab und an gebe ich Fitnesskurse. Wie sich vorstellen lässt, sind dort oft
auch Übergewichtige dabei, die gerne schlanker werden möchten. Nur wenn ich
sie frage, warum sie dies möchten, bekomme ich immer Antworten in Richtung
des Sich-zum-Abnehmen-Verpflichtet-Fühlens, um die Erwartungen der
Gesellschaft oder des Partners zu erfüllen. Ich habe da noch nie jemanden
getroffen, der das Abnehmen wirklich selbst wollte. Und wenn ich diesen
Leuten dann sage, dass es vollkommen okay ist Übergewicht zu haben und sie
sollen auf die Erwartungen anderer scheißen, solange sie sich selbst damit
wohlfühlen, dann reichen die Reaktionen von ungläubigem Staunen bishin zu
sintflutartigen Tränenausbrüchen.
Selbstoptimierung, finde ich, ist ein absolut grauenhaftes Wort.
Selbstoptimierung meint, dass ich glaube es nötig zu haben mich verbessern
zu müssen. Bin ich aber der Meinung, ich bin schon gut so wie ich bin und
könnte mich vielleicht in dem und dem Bereich noch etwas verbessern, weil
ich es selbst gerne MÖCHTE, dann bin ich ein authentisches Individuum mit
eigenen Wünschen und Vorstellungen und keine Marionette der Anforderungen
Anderer mehr. So komme ich vom MÜSSEN zum WOLLEN.
Wenn ich mir das von mir oben gemalte Idealbild des modernen Menschen
ansehe, stelle ich fest, dass ich vieles davon erfülle. Allerdings erfülle
ich es nicht, weil ich den Erwartungen an mich gerecht werden möchte,
sondern weil es Dinge sind, die ich selbst wirklich MÖCHTE oder aber die
einfach Nebenprodukte meines Lebensstils sind, den ich mir selbst gewählt
habe.
@Alles oder Nichts: Du hast gut erkannt, dass ich ein trotziges Kind bin.
Ich glaube, dass gerade unser inneres Kind uns an die Hand nehmen und zu
unseren eigenen Wünschen, Überzeugungen und Bedürfnissen führen kann. Die
Wünsche des inneren Kindes mit der Verantwortung eines Erwachsenen zu
prüfen und dann ggf. zu verwirklichen, erachte ich als die einfachste
Methode zu einem authentischen und selbstbestimmten Leben als Induviduum.
Denn Kinder (auch innere) lügen ja bekanntlich nicht. 
Sarija_ - 7/3/2016 um 18:29
Zitat von Schwarzer Hase, am 7/3/2016 um
12:32 | Selbstoptimierung, finde ich, ist ein
absolut grauenhaftes Wort. Selbstoptimierung meint, dass ich glaube es
nötig zu haben mich verbessern zu müssen. Bin ich aber der Meinung, ich bin
schon gut so wie ich bin und könnte mich vielleicht in dem und dem Bereich
noch etwas verbessern, weil ich es selbst gerne MÖCHTE, dann bin ich ein
authentisches Individuum mit eigenen Wünschen und Vorstellungen und keine
Marionette der Anforderungen Anderer mehr. So komme ich vom MÜSSEN zum
WOLLEN. |
Was ist jetzt das Problem daran, sich
einfach zu optimieren, wenn, wie und weil man das selbst möchte? oO
Für einen gewissen Lebensstandard wird man schon was tun müssen - für einen
überragenden Lebensstandard aber wird man entsprechend erben müssen. Ist
nunmal leider so.
Ich finde die Charakterschwäche von Menschen ohnehin häufig genug
beschämend. Wenn man häufiger mal die Person ist, die den Normen nicht
entspricht, und das auf irgendeiner Ebene auch überhaupt nicht einsieht,
merkt man nämlich sehr deutlich, wer sowas hat und wer nicht.
Die allermeisten Menschen sind glücklich damit, wie Schafe zu leben, und zu
Ziegen wird man sie nicht machen.
Wenn du für dich etwas Anderes willst, liegt das ja dann auch erstmal nur
an dir. Rechnen solltest du mit Ablehnung etc. von den Schafen ... aber mal
ganz ehrlich, Schafe wollen eben alles und jeden so haben wie sich selbst;
dass die Druck auf dich ausüben werden, gehört bei denen zum System. Sowas
nennt man soziale Kontrolle.
Persönlich habe ich den Eindruck, dass deine ganz persönlichen Komplexe in
der Richtung gar kein Gesellschaftsphänomen sind, sondern sich auf die
Vorstellungen von sehr wenigen ausgewählten Personen beziehen, die wir hier
vermutlich nicht kennen. Wenn das für dich machbar ist, versuch vielleicht
selbst, das zu verarbeiten und hinter dir zu lassen. Wenn du's alleine
nicht schaffst, gibt's im Bereich der Psychotherapie eine Menge Optionen
und Methoden, die du dir von einer Fachkraft auf dem Gebiet beibringen
lassen kannst.
Ich les da bei dir eine übermäßige Angst davor heraus, aus dem Rahmen zu
fallen. "Die Gesellschaft" ist für gewöhnlich weit weg, und viel mehr als
ein paar schräge Blicke oder maximal schräge Sprüche muss man selten
ertragen, wenn man irgendwelchen Idealen nicht gerecht wird. Und solange
man nicht gerade meint, das nächste Topmodel werden zu wollen, braucht man
das Ideal, das die Leute sehen wollen, auch überhaupt nicht zu
verkörpern.
Sieh vielleicht einfach mal zu, dass du dich ein bisschen entspannst ;-)
Du persönlich jetzt. Nicht "die", oder "alle".
Und wenn dir jemand zu sehr auf die Pelle rückt, ist es okay, Abstand zu
halten, bis man gelernt hat, "nein" zu sagen.
Edit: Hierzu noch: Zitat: | Jemand, der sich selbst gut findet und keinen
Verbesserungsbedarf an der eigenen Person sieht, sagt damit dem allgemeinen
Verbesserungswahn und damit den Idealvorstellungen der Gesellschaft den
Kampf an. Oder anders gesagt, stellt er damit die Richtigkeit der Wünsche
der gesamten Gesellschaft in Frage. |
Jo, aber
solange man das nur für sich selbst tut, besteht da zum Kämpfen im Außen
erstmal kein großer Bedarf.
Es gibt natürlich schon Normen, die mit psychischer und physischer Gewalt
durchgesetzt werden, da sollte man sich nichts vormachen. Aber angesichts
der Realität, dass Individualisten selten sind, und man sich als
ebensolcher naturgemäß nichtmal mit anderen Individualisten verstehen
braucht, wird man immer in der Minderheit sein und bleiben, und sollte sich
von daher überlegen, wie sinnvoll es ist, sich mit einigen Befindlichkeiten
in die Öffentlichkeit zu stellen.
Wenn man sich selbst nicht in Frage und zur Diskussion stellt, tun es
ziemlich häufig auch andere Leute nicht. Es sei denn, sie haben Gründe
dafür. Und die haben dann meistens was mit Religionen oder sonstigen
Weltanschauungen zu tun, in denen sehr genau festgelegt ist, wie man sein
und was man denken darf und was nicht.
Solange man es nicht mit einem schlecht reflektierten, autokratischen
Menschen mit Machtbefugnissen zu tun hat, der die eigenen Vorurteile und
Wertvorstellungen an einem abreagiert (und ja, das hatte ich schon), ist in
unserer Gesellschaft meistens alles gut. Und wenn man in so einen
Machtbereich gerät, sollte man einfach machen, dass man da verschwindet.
Die paar Kämpfe, die auf einer realistischen Basis dann noch als "lohnt
sich" und "ist machbar" übrigbleiben, sollte man sich dann noch aussuchen
können... und bei denen hat man dann wenigstens auch tatsächlich eine
Chance, etwas zu bewegen.
Die anderen Kategorien sind Energieverschwendung.
[Editiert am 7/3/2016 um 18:43 von Sarija_]
Schwarzer Hase - 7/3/2016 um 18:49
Ich finde
einfach das Wort "optimieren" furchtbar. Will ich mich optimieren, heißt
das auch, ich möchte das Optimum erreichen. Und wo bitte soll das Optimum
liegen? Wenn du stattdessen "verbessern" sagst, dann bin ich voll bei
dir.
Zitat von Sarija_, am 7/3/2016 um
18:29 |
Persönlich habe ich den Eindruck, dass deine ganz persönlichen Komplexe in
der Richtung gar kein Gesellschaftsphänomen sind, sondern sich auf die
Vorstellungen von sehr wenigen ausgewählten Personen beziehen, die wir hier
vermutlich nicht kennen. Wenn das für dich machbar ist, versuch vielleicht
selbst, das zu verarbeiten und hinter dir zu lassen. Wenn du's alleine
nicht schaffst, gibt's im Bereich der Psychotherapie eine Menge Optionen
und Methoden, die du dir von einer Fachkraft auf dem Gebiet beibringen
lassen kannst.
Ich les da bei dir eine übermäßige Angst davor heraus, aus dem Rahmen zu
fallen. "Die Gesellschaft" ist für gewöhnlich weit weg, und viel mehr als
ein paar schräge Blicke oder maximal schräge Sprüche muss man selten
ertragen, wenn man irgendwelchen Idealen nicht gerecht wird. Und solange
man nicht gerade meint, das nächste Topmodel werden zu wollen, braucht man
das Ideal, das die Leute sehen wollen, auch überhaupt nicht zu
verkörpern.
Sieh vielleicht einfach mal zu, dass du dich ein bisschen entspannst ;-)
Du persönlich jetzt. Nicht "die", oder "alle".
Und wenn dir jemand zu sehr auf die Pelle rückt, ist es okay, Abstand zu
halten, bis man gelernt hat, "nein" zu sagen.
|
Hm, wo habe ich mich jetzt falsch ausgedrückt? Ich habe weder Komplexe noch
habe ich Angst vor der Bewertung anderer (da schneide ich ohnehin
regelmäßig mit Bestnoten ab). Und aus dem Rahmen falle ich ständig - meist
auch ganz bewusst um meinen Mitmenschen zu zeigen, dass es kein Verbrechen
ist, anders zu sein. Vielleicht kam das jetzt aus dem Kontext falsch
rüber...
Eigentlich wollte ich genau auf die Reaktion und Denkhaltung hinaus, die du
beschreibst. 
[Editiert am 7/3/2016 um 18:58 von Schwarzer Hase]
Sarija_ - 7/3/2016 um 19:08
Wirst du dann wissen, wenn du da angekommen
bist. Zitat: | Wenn du stattdessen
"verbessern" sagst, dann bin ich voll bei
dir. |
Na, du musst ja nicht bei mir sein ;-)
Ich werde jedenfalls den Teufel tun, ein meines Empfindens nach treffendes
Wort in meinem Sprachgebrauch zu ersetzen, bloß damit du dich wohler
fühlst.
Zitat: | Eigentlich wollte ich
genau auf die Reaktion und Denkhaltung hinaus, die du beschreibst.
|
Irgendwie hab ich ein wenig das Gefühl, dass du
zu viele Worte machst und zu viel emotionale (Ablehn-)Energie investierst
und freisetzt, als dass ich dir eine vorgebliche Gelassenheit abnehmen
würde.
Ich hab den Eindruck, du würdest das, was du hier schreibst, eigentlich
lieber jemandem in deinem Privatleben vermitteln, der oder die darauf aber
leider nicht so reagiert oder nicht so zuhört, wie du das gern hättest.
Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht, und ein Mensch wird kein
starker Mensch, wenn du ihn anbrüllst, er soll endlich aufhören, immer auf
andere zu hören (womit er oder sie implizit aber in dem Moment auf dich
hört, also auch wieder nicht auf sich selbst).
Man kann Menschen nicht zu freieren Geschöpfen machen, das müssen die
selbst tun.
Ich muss mal ganz ehrlich sagen: Um bei meiner Reaktion und Denkhaltung
anzukommen, hab ich eine Menge durchmachen müssen, und ich kann mir nicht
vorstellen, dass man da ankommt, ohne ein gewisses Maß an
psychisch-seelischer Arbeit zu leisten, bei dem ich nachvollziehen kann,
dass Leute das vermeiden, weil ich aus persönlicher Erfahrung weiß, dass es
unangenehm ist.
Zu einer wirklich selbstständigen Denkhaltung zu gelangen, hat seinen
Preis. Ich wünsch zwar jedem Freiheit, der die gerne will. Aber inzwischen
gönne ich es den Leuten, die sie nicht wollen, auch, auf sie zu verzichten.
Solange sie das nur für sich selbst tun, wohlgemerkt, und nicht meine damit
herabsetzen.
Ironischerweise fängt echte Freiheit nunmal bei der Entscheidung an, ob man
sie überhaupt möchte. Es gibt wirklich genügend Gründe, sie nicht zu wollen

[Editiert am 7/3/2016 um 19:10 von Sarija_]
Sarija_ - 7/3/2016 um 19:27
Ne, ich denke, dem ist nicht so. Und das ist
dann auch okay.
Es gibt allerdings Berufe, die man mit so einer Einstellung nicht anstreben
sollte. Und wenigstens die Bereitschaft, die aktuellen Vorgaben zu lernen,
die sich in der deutschen Bürokratie regelmäßig ändern, braucht man fast
überall.
Ansonsten gibt es eben einfach Menschen, die neugierig sind und gern lernen
... und Leute, die froh sind, wenn sie sich nach dem Abschluss der Schule
mehr als die fünf Kandidaten des Dschungelcamps nie wieder merken brauchen.
Vorhandenes und benötigtes Wissen wird ja irgendwann dann einfach
automatisiert abgespult, und den Rest macht ein bisschen aktuelle
Konzentration und Aufmerksamkeit.
Lernen zu wollen ist offenkundig ein natürlicher Drang des Menschen, bis zu
einem gewissen Alter. Deswegen sind wir ja inzwischen in puncto
Naturwissenschaften etc., wo wir sind. Aber ich denke nicht, dass man das
übertreiben sollte. Es gibt einfach Leute, die wollen das nicht. Und ich
denke, sich für Blödheit zu entscheiden und gegen Intelligenz und Wissen,
ist eine Freiheit, die man Menschen zugestehen sollte.
Im Gegenzug bin ich allerdings dafür, dass Menschen einen Wissenstest bzgl.
der Politik absolvieren sollten, ehe man sie wählen lässt; und alle, die am
Test gar nicht erst teilnehmen, als Durchgefallene einzustufen, statt ihnen
den Titel "Nichtwähler" zu verleihen, als sei das ein politisches
Statement. Es ist ja okay, wenn Leute sich für ihre Blödheit entscheiden.
Wenn sie damit allerdings der Gesellschaft Schaden zufügen, fange ich an,
das bedenklich zu finden.
[Editiert am 7/3/2016 um 19:28 von Sarija_]
Alles und Nichts - 8/3/2016 um 10:00
Zitat von Schwarzer Hase, am 7/3/2016 um
12:32 | So komme ich in diesem Lebensbereich
von einem ICH MUSS DA ARBEITEN zu einem ICH MÖCHTE DIESE ARBEIT GERNE
MACHEN.
.....
Die Wünsche des inneren Kindes mit der Verantwortung eines Erwachsenen zu
prüfen und dann ggf. zu verwirklichen, erachte ich als die einfachste
Methode zu einem authentischen und selbstbestimmten Leben als Induviduum.
Denn Kinder (auch innere) lügen ja bekanntlich nicht.
|
Wenn mehr Menschen so handeln würden, wäre die Welt womöglich eine andere
Welt. Trotzdem wäre ich noch immer vorsichtig.
Das allermeiste Wollen richtet sich auf sogenannte Vermeidungsziele. Wenn
jemand am Wichtigkeitsmotiv stark frustriert wurde (in der Regel im
Kindesalter), wird Beziehung zur Regulation der Frustration verwendet. Wenn
die Beziehung läuft, wird diese Frustration nicht wahrgenommen, weil
derjenige alles tut, damit die Beziehung läuft. Derjenige ist wirklich
überzeugt, glücklich zu sein und erkennt nicht, dass er/ sie sich
verkauft.
Da kommen wir dann auch zu den kindlichen Anteilen. Wenn Du meinst, dass
(innere) Kinder nicht lügen, kannst Du das gerne weiter glauben. Im
Enneagramm wird das 3er Kind als Lügner dargestellt. Um zu wissen, dass
(innere) Kinder auch lügen, muss ich nicht das Enneagramm studieren. Rate
mal, wann die ganzen Strategien zur Erreichung er Vermeidungsziele gelernt
wurden? Im Kindesalter.
Es gibt auch einen Kern Wahrheit mit Blick auf das Kind. Das Kind ist noch
viel näher an der Seele und der Kraft, als die unreflektierten Erwachsenen.
Hephaestos - 8/3/2016 um 10:55
Ich bin ja glücklicherweise in der Situation, das ich den perfekten Job für
mich habe. Ok, Geld könnte mehr sein, aber egal. So wichtig ist mir Geld
nicht.
Ich 'wollte' meinen Job nicht. Bekommen hab ich ihn durch persönliches
Versagen.
Ich hab mir früher echt einen abgezappelt, um voran zu kommen.
In dem Moment, in dem ich 'losgelassen' habe, war auf einmal alles ganz
einfach.
Für mich ist da dann die Frage: Wusste ich vorher überhaupt, was ich will,
als ich meinen Zielen hinterhergehechelt bin?
Manchmal sollte man einfach mal seine Ziele hinterfragen.
Was für mich richtig ist, ist für niemanden sonst richtig.
GeorgeTheMerlin - 8/3/2016 um 14:15
Das finde ich sehr interessant!!!
Selbstoptimierung: man versucht, irgendwelchen inneren oder kollektiven
Zwängen (Moden) zu entsprechen - also Vorstellungen von einem Selbst.
Loslassen in dem Sinne: Wer bin ich wirklich? Ohne Illusionen?
Dann: die andere Seite von Finden ist: gefunden werden! Zwanghaftes
Findenwollen verhindert oft ein Gefundenwerden. Zwanghafte Vorstellungen
verhindern das ECHTE.
Bei Hephaestos habe ich alleerdings das Gefühl, diese vergebliche
Anstrengung vorher gehörte zu dem Prozess dazu! Ist sehr wichtig:
Ohne diese Anstrengung wäre kein LOSLASSEN möglich gewesen!
 merlYnn
Hephaestos - 9/3/2016 um 10:23
Zitat: | Bei Hephaestos habe ich
alleerdings das Gefühl, diese vergebliche Anstrengung vorher gehörte zu dem
Prozess dazu! Ist sehr wichtig:
Ohne diese Anstrengung wäre kein LOSLASSEN möglich
gewesen! |
Spekulation, Spekulation, George - aber irgendwie schon richtig geraten.
Eigentlich gehört das zu der Art privater Dinge, über die ich in der
Öffentlichkeit nicht rede 
GeorgeTheMerlin - 11/3/2016 um 22:06
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