Chaos bedeutet heutzutage soviel wie Unordnung, ein unaufgeräumtes
Kinderzimmer zum Beispiel.
In der Magie müssen die Kräfte GEBÜNDELT werden. Chaotische Gedanken und
Emotionen sind unser Alltag - ein Chaos aus Bewußtem und Unbewußtem, aus
Verdrängung und widerstreitenden Energien in uns, kompensatorische Wünsche
und Ziele und Identifikationsvorstellungen, Fluchten aus unserer inneren
Leere und unserem Unglücklichsein ... dieser chaotische Zustand ist für
Magie, für die Bündelung unserer Kräfte, kontraproduktiv.
Deshalb strebt Magie zunächst nach ORDNUNG. Durch Rituale SAMMELN wir uns,
konzentrieren unsere ABSICHT auf ein Ziel hin. Das ist der ganze Sinn und
Zweck von magischen Ritualen: Unseren Glauben, unsere geistigen Kräfte zu
konzentrieren.
Dann kommt uns, so ganz modern, da sogenannte CHAOSMAGIE, die ihre KRAFT
daraus bezieht, Ordnungen zu zerstören, Ordnungen zu relativieren,
beliebige Ordnungen leben zu können, Ordnungen zu wechseln wie Gefäße oder
Kleider - um dieses JENSEITS DES VERSTANDES zu erreichen: Unser
UNERMESSLICHES, UNFASSBARES SELBST-NICHTSELBST.
Dann ist aber das eigentliche letzte Ziel von Chaosmagie das Erreichen
jener ERLEUCHTUNG, wo wir jenseits des Verstandes existieren: das Satori
des ZEN Buddhismus, oder aktuell Jed McKenna, verflixte Erleuchtung usw.
Erleuchtung, wo nichts mehr leuchtet, wo sich auch höchste spirituelle
Erfahrungen als ILLUSIONEN HÖHERER FREQUENZEN entpuppen.
Erleuchtung als Nicht-Erfahrung - keiner mehr da!
Damit bekommt unser Chaosbegriff aber eine problematische Seite: in unserem
ganzen Erfahrungsschatz kennen wir nur RELATIVES CHAOS - wir kennen nicht
das, was jenseits aller Erfahrung, jenseits aller Sinnlichkeit und jenseits
des Verstandes ist.
Also: Ein Tsunami kommt, ich öffne die Tür, und eine himmelhohe Welle kommt
auf mich zu. Damit ist meine kleine Welt aus den Fugen geraten, es wirkt
wie ein absolutes Chaos.
Das ist es aber nicht. Jeder Physiker wird mir erklären, dass die
Tsunamiwoge absolut den physikalischen Naturgesetzen gehorcht. Das Chaos
gilt also nur RELATIV zu meiner bisherigen kelinen Lebensordnung, welche
nun zuende ist.
Auch ein chaotisches Zimmer ist immer noch RELATIVES CHAOS, gilt nur in
Relation zu der Ordnungsvorstellung eines aufgeräumten Zimmers.
Ebenso die Chaosmagischen Übungen: sie relativieren zwar Ordnungen - kommen
aber über relatives Chaos NIEMALS hinaus.
Unser heutiges Bewußtsein von Chaos kann nur relatives Chaos fassen, in
einer Welt voller Ordnungen.
In der Physik widerum bedeutet Chaos Unvorhersagbarkeit von Prozessen -
aber Unvorhersagbarkeit ist ebenfalls immer noch relatives Chaos, im
Gegensatz zum weitergehenden Chaosbegriff der Antike.
Dort ist Chaos ein Gegenbegriff zur Weltordnung.
Magisch individuell, also für jeden von uns, ist absolutes Chaos das, was
wir VOR DEM VERSTAND sind.
Sage mir, wer du vor jeder Geburt bist - lautet die Frage des Zen Maischtas
an seinen Schüler. Verstand, Sinne, ordnender Geist erschaft eine Welt, im
kleineren menschlichen Rahmen eine Weltordnung.
Aber was ist VOR der Schöpfung durch den Verstand? - Da dieses DAVOR ja die
Quelle von dem ist, was wir sind - Bewußtsein - ist dieses ABSOLUT
UNBEKANNTE ja eigentlich tiefstes Ziel unserer SELBSTERKENNTNIS. Doch mit
dem Verstsnd ist es nicht zu erfassen.
Der Verstand versteht nur Ordnungen und relativ zu diesen Ordnungen:
relatives Chaos - er versteht aber nicht das, was VOR ihm ist! Nicht das,
was VOR jedem Gedanken ist, VOR jeder Vorstellung. Dort ist das Unfassbare
- hatte man einmal eine Erkenntnis davon, ist es für den Verstand das
WEDER-NOCH. Weder Sein noch Nichtsein, weder Leben noch Tod, weder Kalt
noch Warm, weder sinnlich noch abstrakt, weder Ordnung noch Chaos ....
usw.
Chaosmagie bleibt also im RELATIVEN CHAOS stecken, da auch Chaosmagie nur
eine Vorstellung im Verstand ist.
Es ist wie bei allen diesen Wegen - ZEN, Jed McKenna, Chaosmagie - man geht
diese Wegen und hofft, dass ES eines Tages geschieht - die absolute
Selbsterkenntnis, dass Unfassbare, das Unbegreifliche, das Unerkennbare,
wie es bei Castaneda heißt, oder das Unsagbare, - oder das Selbst im
Nichtselbst und das Nichtselbst im Selbst, für den kleinen Schwurbel-Magier
mit Avancen zum Ying-Yang Symbol.
Und Magie ist immer, durch alle möglichen verzwackelten Techniken hindurch
- der Versuch, durch einen kurzen SPRUNG in dieses NICHTS, aus diesem DAVOR
- zu erschaffen, was der Verstand sich vorgestellt hat...
... bis man Magie als die allgegenwärtige Erschaffung seiner gespiegelten
Selbst-Illusion versteht, und die Angst vor dem NICHTS, vor dem absoluten
Chaos..
grüssli merlYnn